5wft Episode 27: Sauerrahm

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Schindeldach, Katzenmilch, Krückstock, Sternenhimmel, Kindergeburtstag

Ich konnte spüren, wie Cimaron sich um mich herum versteifte. Meine Position, die immer noch uncharmant an ein Baguette unter dem Arm eines klischeehaft schnauzbärtigen Franzosen erinnerte, wurde dadurch noch unbequemer.

»Du quetschst mir die Luft ab«, ächzte ich.

»Er ist seit den Erdbeertörtchen hinter uns her!«, wisperte Cimaron tonlos, ohne seinen Rippenanschlag auf mich zu lockern. Er glitt nur mit Haaresbreite Abstand über ein pittoreskes SCHINDELDACH und ich zappelte in seinem Griff. Ich war erst vor Kurzem gegen eine Mauer geklatscht, auf ein Dach könnte ich wunderbar als Kontaktpartner verzichten.

»Na und? Ich versteh nicht, was das Problem ist? Du tust doch nur deinen Job …«

»Eben nicht!«, fauchte Cimaron und sah mich an, woraufhin er mich beinahe fallenließ. Oh Mann, was? Hatte ich einen Rotzpopel im Gesicht hängen, oder was? Wobei, wenn ich mir seinen Ausdruck genauer ansah, wirkte er eher nicht angewidert, sondern schlicht aus dem Konzept gebracht. Meinetwegen?

»Wieso nicht?«, fragte ich schließlich. »Ich dachte, es sei deine Aufgabe, mich –«

»Okay, Elfi. Schluss mit dem Gequatsche. Ich hab gelogen, okay? Schon wieder, ja. Du bist eine Selbstmörderin. Solche wie dich nehmen wir nicht mit auf irgendwelche höheren Ebenen. Ich hätte dich ins Kellergeschoss befördern sollen, wie es dir zusteht, aber dann warst du so … und so … dings. Und da hab ich … möglicherweise … Weißt du eigentlich, wie unverschämt manipulativ du bist? Dein Mund ist eine Venusfliegenfalle. Deine Augen sind diese funkelnden, schrecklichen, Dinger, die man sich an den Hals hängt … Deine Haut ist wie verdammte KATZENMILCH.« Er schrie jetzt wie im Delirium.

»Lingling, Cimi … Cimaron!« Ich presste meine Hände an seine Wangen und zwang seinen mir ausweichenden Blick, bei mir zu bleiben. »Was redest du da?«

Er sah so verzweifelt aus, dass ich beinahe Mitleid mit ihm bekommen hätte. Cimaron, der vor Selbstbewusstsein überquellende Engel, die Eloquenz in Person, stammelte bescheuerte Komplimente über … Hä? »Katzenmilch?«

Er nickte heftig, immer noch mit diesem Ausdruck in den Augen, der mich gleichzeitig anflehte, ihn aus der Mangel zu lassen und es nicht zu tun. »Cremig und lecker.«

Okay. Das verwirrte mich mehr als alles andere. Ich schüttelte den Kopf. »Lassen wir die Komplimente mal beiseite.« Aber glaub nicht, dass ich dir dafür nachher nicht den Kopf waschen würde, Bürschchen. »Du hättest mich also in die Hölle schicken sollen, aber aus irgendeinem …« katzenmilchhäutigen »… Grund hast du es nicht getan?«

Cimaron nickte weitäugig. »Hölle ist ein unschönes Wort. Aber allein dafür, dass ich dir das überhaupt erzähle, hätte ich mindestens einen Dienstgradverlust von mehreren Stufen verdient.«

»Okay. Und was ist dann passiert?«

»Ich …« Er sah aus, als hätte er Fieber. »… hab mich …«

Oh nein. Kam jetzt, was ich dachte? Und wie sollte ich ihm glauben, nachdem er mich die ganze Zeit nur belogen hatte? Wollte ich nun wirklich eine Liebeserklärung hören? Schnell presste ich meine Hand auf seinen Mund und versuchte zu ignorieren, wie weich sich seine Lippen anfühlten, als sie sich langsam unter meiner Handfläche bewegten, wo das Ende seines Satzes zum Glück ungehört versickerte.

»Du hast mir geglaubt. Stimmts? Du hast gemerkt, dass du im Begriff warst, einen Fehler zu begehen, wenn du mich in die Hölle schickst und deshalb hast du beschlossen mir zu helfen.«

Er sah mich viel zu lange an. Das Fiebrige war aus seinem Blick gewichen und ich bildete mir fast ein, einen Schleier von Enttäuschung über seine Züge huschen zu sehen. Warum bloß? Ich hatte uns gerade gerettet. Wir wollten beide keine Liebesschwüre hören, oder? Ein Engel und eine Fake-Selbstmörderin – aussichtsloser konnte eine Beziehung wohl kaum anfangen.

Schließlich nickte er knapp, die Lippen jetzt fest zusammengepresst. »Und das ist ein noch viel schlimmeres Vergehen«, nuschelte er gegen meine Hand, sodass ich sie wegnahm. Offenbar war die Gefahr von herzzerreißenden Erklärungen momentan gebannt. »Es steht mir nicht zu, eigenständig Entscheidungen zu treffen. Ich habe gehofft, wir würden deinen Suizid beweisen können, bevor jemandem auffallen würde …«

Und dann hätte er mich einfach im Fegefeuer entsorgt. Nachdem er mich womöglich ganz nebenbei noch von meiner Jungfräulichkeit befreit hätte. Die wäre da unten ja sowieso nur ein Klotz am Bein gewesen, stimmts?

»Jetzt schau bitte nicht so verletzt.«

Ich schnappte gerade nach einer bissigen Erwiderung, die verlogener Scheißengel, puttenärschiger Jungfernhäutchenzerstörer und verfressener Seifenoperromantiker beinhaltete.

»Was ist da hinten los? Braucht ihr einen KRÜCKSTOCK oder soll ich euch abschleppen? Cimaron, wirst du alt oder was?« Eselkeks zeigte auf eine grünlackierte Haustür. »Der Sabberknutscher ist da rein gegangen.«

Der STERNENHIMMEL stürzte auf mich herunter, was weit weniger romantisch war, als es scheinen mag. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, von mehreren kosmischen Gesteinsbrocken erschlagen zu werden.

»Du täuschst dich sicher …«

Eselkeks zog anstatt einer Antwort die Augenbrauen hoch. 

Cimaron war seltsam still, als er die grüne Tür musterte.

Auch ich brachte kein weiteres Wort heraus, als ich das Haus hinter der Tür musterte, das mir plötzlich fremd schien, obwohl ich dort jeden KINDERGEBURTSTAG meines Lebens gefeiert hatte.

Was in aller Welt wollte Pablo in meinem Elternhaus?

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