5 word fairytale 1-3

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    1. Der Traum?

    Schloss, Sonnenuntergang, Rose, Sternschnuppe, Glasperlenspiel (dies waren die 5 vorgegebenen Wörter)

    Das Knirschen, mit welchem der Schlüssel sich in quälender Langsamkeit im SCHLOSS herumdrehte, stammte direkt aus einem Horrorfilm. Voll böser Vorahnungen kroch ich rückwärts, bis eine kalte Steinmauer mich stoppte. Auch wenn ich mir ziemlich sicher war, wieder einmal in einem meiner extrem lebhaften Träume festzustecken, fühlte sich die Barriere in meinem Rücken schrecklich endgültig an. Mein Herz hämmerte gegen die Rippen, wie ein Gefangener an den Gitterstäben seines Kerkers.

    Bleib cool, Elfi, es ist nur ein Traum!

    Allein der wahnsinnig unechte Schimmer des SONNENUNTERGANGS, der den Raum in ein LSD-gleiches Farbenspiel tauchte, hätte mich auf die Idee bringen müssen, gerade zu träumen. Spätestens der Arsch hätte mich vollends überzeugt. Damit meinte ich gleichermaßen den Kerl, der sich gerade mit einem spöttischen Halbgrinsen auf den vollen Lippen zu mir umdrehte, wie auch sein Hinterteil. Dass er ein Arsch war, wusste ich, weil er mich eingeschlossen hatte. Uns. In einem … Schlafzimmer? (Und nein, das war nicht sexy. Das war creepy as hell!) Dass er mitsamt seiner (in einer schwarzen Lederhose steckenden) Kehrseite ein Traum war, ahnte ich, weil es solche Ärsche in Wirklichkeit nicht gab. Er war zu perfekt mit seinen schwarzen, leicht welligen Haaren, diesem goldbraunen Surferteint und seinen elenden Lederhosen. Echt jetzt. Wer trug bitte Lederhosen? Also außer irgendwelchen Motorradrockern mit Bierbauch? Und wer sah damit auch noch gut aus. Wobei gut … Untertreibung des Jahrhunderts. Gottgleich wäre vielleicht passend gewesen. Die Härchen auf meinen Unterarmen richteten sich auf. Alarm! Wenn dieser Lederhosenknackarsch noch ein Klischee mehr bediente, würde ich mich beim Aufwachen auf meinen Hochflorteppich übergeben müssen – und der war nicht nur nigelneu, sondern auch noch schneeweiß (meine Lieblingsfarbe).

    Natürlich hatte mein Traumgehirn kein Einsehen und zauberte ihm die kitschigste aller ROSEN zwischen die (selbstverständlich diamantweißen) Beißerchen. Uähhhh … Was kam als Nächstes? Eine Serenade?

    »Verschwinde!«, knurrte ich, den Rücken so hart gegen die Wand gepresst, dass ich vermutlich mit Muskelkater erwachen würde. »Das ist mein Traum.«

    Er lachte. Seine Eckzähne waren normal lang. Immerhin. 

    »Du bist süß, wenn du wütend bist. Deine Augen leuchten wie STERNSCHNUPPEN …«, säuselte er und ich schmeckte Magensäure auf der Zunge. Ich musste aufwachen! Dringend. Also, so ungefähr Durchfall-from-hell-mitten-im-Einkaufszentrum-dringend.

    »Das ist noch nicht mal kreativ!«, schimpfte ich und klatschte ihm das bunte GLASPERLENSPIEL ins Gesicht, welches praktischerweise an dem Fenster über mir gebaumelt hatte. Jetzt wollten wir doch mal sehen, welche Augen gleich Sternchen sehen würden.

     

    2.Tropensturm

    Feuermagie, Lachen, Einhorn, Windhauch, Schnee.

    Mit Warp-Geschwindigkeit wich Lederhosenbeißerchen meinem Geschoss aus. 

    Wütend schleuderte ich die Perlen erneut nach ihm. »Pass bloß auf. Ich kann FEUERMAGIE!«, rief ich (so bedrohlich wie ein tollwütiges Rotkehlchen).

    Ledi fing das Windspiel lässig mit einer Hand und besaß sogar noch die Frechheit, überheblich zu LACHEN. »Ja, und ich fliege gleich auf meinem EINHORN davon.«

    »Das wäre zumindest eine gute Idee, dann wärst du wenigstens weg«, zischte ich und richtete mich auf. Konnte ein Hintern im Traum so wehtun? Tausende von Feuerameisen krabbelten über meinen Allerwertesten (so viel zu meiner sagenumwobenen Feuermagie … *räusper*) und ich rutschte unruhig hin und her.

    »Ich bin übrigens Cimaron.« Er streckte mir die Hand hin, die ich selbstverständlich ignorierte.

    »Ist das ein Name? Ein Weihnachtsgewürz? Oder eine Zustandsbezeichnung …« So in etwa wie: sternhagelbesoffen. Lederhosenbehintert. Oder knackbearscht. Ich schüttelte meinen Kopf über so dämliche Gedanken.

    Er grinste verwegen. »Ich wurde nach einem tropischen Wirbelsturm benannt. Mir gefällt mein Name. Außergewöhnlich und vernichtend. Genau die richtige Kombination.«

    »Ein Wirbelsturm …« Ich maß ihn von Kopf bis Fuß mit einem abschätzigen Blick ab. »Wohl eher ein seichter WINDHAUCH, ja?«

    Er beugte sich vor, bis sich unsere Nasenspitzen beinahe berührten. Das Atmen fiel mir schwer. Wahrscheinlich atmete er den ganzen Sauerstoff weg und überließ mir nur sein abgeatmetes Kohlendioxid. Genau. Das war der einzige Grund für Atemnot. Seine komischen grauen Augen mit diesen frech darin tanzenden Karamell-Spritzern hatten damit rein gar nichts zu tun. Rein! Gar! Nichts! Sein Mundwinkel zuckte, als läse er die Karamellspritzer-Peinlichkeit direkt von meiner Stirn ab und ich musste mich arg zusammenreißen, nicht mit den Fingern an selbiger herumzuwischen.

    »Warum bist du nur so aggressiv? Magst du es nicht stürmisch?« Spott sprang mir aus diesen gesprenkelten Augen entgegen. 

    »Ich mag es gern ruhig.« Fest verschränkte ich die zitternden Arme vor der Brust.

    »Wie ein Windhauch?«, fragte er und rückte tatsächlich noch ein bisschen näher. Egal was ich sagte, ich konnte nur verlieren. Ich glitt unter seinem Arm hindurch und freute mich darüber, wie er einen Augenblick lang verdutzt die Wand anstarrte.

    »Nein. Kalt. So wie frisch gefallener SCHNEE. Mit Hitze kann ich gar nichts anfangen.« HA! Nimm das du Lederhosenwirbelsturm!

    Nun war es an ihm, mich mit Blicken abzuscannen. »Jep. Das merkt man.«

    Wie bitte? Was sollte das denn nun schon wieder bedeuten? Wäre das kein Traum hätte ich diesem Tropensturm-Heini schon längst den Boden unter den Füßen weggezogen.

     

    3. Cimaron

    Winter, Tsunami, Seifenblasen, Sonnenschein, Bastelanleitung

    Da ich ihm eine Antwort schuldig blieb (mir fiel ehrlich gesagt nichts ein, weil ich noch zu sehr damit beschäftigt war, die Wunden meiner zerstörten Schlagfertigkeit zu lecken), krempelte er bedächtig die Ärmel seines (ekelhaft über der Brust aufklaffenden) Hemdes hoch. 

    »Ich mag es gern heiß«, erklärte er mir ungefragt. Ohne es zu wollen, bemerkte ich, dass er kein Haar auf der Brust hatte. Natürlich nicht. Er war ja ungefähr so glattgeschleckt wie ein Eisbecher, wenn ich damit fertig war. Warum die Kombination aus Ablecken und seiner Brust plötzlich ein schmerzhaftes Ziehen in meinem Bauch verursachten, wusste ich auch nicht. Vielleicht bekam ich Magen-Darm Grippe? Falls dem so war, würde ich ihn jedenfalls nicht vorwarnen, bevor ich ihm auf die nackten Füße kotzte. Moment mal. Barfuß? Im WINTER? Dem Typ war definitiv nicht kalt. Aber mein Traum wurde wirklich langsam zu seltsam, selbst für mich. Ich zwickte mich probehalber in den Unterarm. Es tat scheußlich weh. Verdammt! Ich hasste realistische Träume.

    »Du träumst nicht«, plapperte er weiter, während er um mich herumschlich wie ein Panther um ein Kaninchen … äh … Gazellen…dingsbumms. Nicht, dass ich sooo schlank war. Nein, das plüschige Karnickel passte doch eher zu mir. Aber ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob dort, wo es Panther gab, wohl auch Häschen herumhoppelten. Ich ignorierte ihn und zog mein Handy aus der Tasche um das bei Google nachzulesen.

    »Du bist tot und ich bin dein Engel, der dich auf den richtigen Weg führt, damit du dich nicht verläufst.«

    »Aha«, sagte ich abwesend. »Weißt du, du hast eigentlich ganz schön Glück gehabt.«

    »Ich?« Jetzt wirkte er ehrlich verdutzt. »Wieso?«

    »Wegen deinem Namen.«

    »Deines Namens … Lernt ihr Sterblichen keinen Genitiv mehr?«

    Ich tippte auf den Bildschirm meines Handys. »Ich hab da mal nachgelesen. Du heißt tatsächlich wie so ein dämlicher TSUNAMI.«

    »Wirbelsturm. Tsunamis sind –«

    »Aber die anderen Winde sind definitiv noch schlechter weggekommen, als Cinnamon. Das ist doch irgendwie süß und man denkt an Zimtsterne oder rotharige Katzen oder –«

    »Mein Name lautet Cimaron.«

    »Gesundheit. Also immer noch besser als Lingling.« Ich kicherte. »Das hört sich ein bisschen nach Pullergeräusch an.«

    »Puller-« Er verengte die Augen. »Kann das vielleicht sein, dass du mir nicht zugehört hast?«

    »Doch. Ich bin tot, alles klar. Wie würde dir Vongfong oder Bulbul als Zweitname gefallen? Oder, mein ganz persönlicher Favorit: Champi. Das kommt bestimmt von Champignon oder? Man kann sogar ganze Sätze mit diesen Stürmen formen: Oho Cook, Songda Mitag Komen Alamid …«

    Irritiert wedelte er vor meinem Gesicht herum, dabei war ich gerade so in Fahrt und hätte unbedingt noch meinen Satz (es kam onanieren drin vor, worauf ich besonders stolz war) beenden wollen. »So reagierst du darauf, dass ich dir sage, dass du dein Leben ausgehaucht hast?«

    »Ähm, ja. Weil kein Mensch im echten Leben »ausgehaucht« sagen würde. Du bist definitiv ein Traum. Ich werde aufwachen und du wirst platzen. Plopp. Wie eine SEIFENBLASE.«

    Er seufzte und verschränkte die Arme vor der (unverschämt breiten) Brust. »Das wird nicht einfach«, murmelte er. »Hör zu Elfi, ich verstehe ja, dass du unter Schock stehst und vermutlich verdrängst, aber du musst jetzt ganz stark sein …«

    Nun war es an mir, genervt zu sein. Mein Unterbewusstsein war heute wirklich das Allerletzte. Wenn es mich schon mit einem Todestraum belästigen musste, hätte es doch wahrhaftig ein paar Klischees auslassen können. Du musst jetzt stark sein! Im Ernst jetzt? »Hör lieber du zu, SONNENSCHEIN. Gib mir jetzt den Schlüssel. Ich hab keinen Bock, hier noch länger herumzuhängen, und du gehst mir langsam auf den Geist mit deiner polierten Männerbrust.« Ich musste mir ein Kichern verkneifen, denn wenn man einem Geist sagte, dass er einem auf den Geist ging, war man doch ziemlich schlagfertig, fand ich.

    Er strich sich geschmeichelt über das blanke Dekolletee, wodurch sein weißes Leinenhemd noch weiter klaffte. Wenn er nicht bald aufhörte, seine Stripperqualitäten unter Beweis zu stellen, könnte ich ihm einen Zehner in den Tanga stecken. »Ich dachte mir schon, dass es dir auffällt. Ihr Sterblichen seid alle sehr leicht zu beeindrucken.«

    Meine Augenbrauen schossen nach oben. »Wenn du nicht gleich deine Knochen nur noch mithilfe einer BASTELANLEITUNG zusammenkleben möchtest, knöpfst du jetzt besser ganz schnell wieder dein Hemdchen zu und rückst den verdammten Schlüssel raus, Cindarella.«

    »Cimaron. Und nein«, antwortete er unbeeindruckt. »Du kannst nicht wieder zurück ins Leben, das wäre gegen die Regeln. Aber keine Angst, ich werde schon dafür sorgen, dass du es nicht bereust. Bisher hat sich noch keine der Damen über mich beschwert.«

    »Das wage ich zu bezweifeln«, brummte ich. Cimaron zwinkerte nur vieldeutig und ich gab ein Würgegeräusch von mir. Dieser Traum war nicht auszuhalten!

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