I am the SHIT! Über Eigenwerbung im Buchbusiness

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    Ich gehöre zur Sorte Tiefstapler.

    Als ich meine ersten zaghaften Schritte als Buchautor machte, habe ich gaaaanz zaghaft an Türen geklopft. 

    *Mäusepiepsstimmchen* »Halloooo … ihr kennt mich nicht, aber ich hab da ein Buch geschrieben … vielleicht … also nur, wenn es nicht stört, könnte es jemanden interessieren?«

    Tja. Man kann sich ausmalen, wie das ankam, wenn man sich erst mal für seine generelle Existenz entschuldigt. Vor allen Dingen mit einem großen Schluck Ernüchterung und Enttäuschung. Und der Erkenntnis, dass man Hornhaut braucht in dieser Branche. Eine solche bildet sich aber nur über lange Zeit und durch regelmäßige Belastung, nicht von jetzt auf gleich.

    Und über die Jahre und vier Verlagsbücher und ein Selfpublishingbuch habe ich mir langsam einen wackeligen Stand erarbeitet. Ich traute mich ab Buch 2, mich tatsächlich offiziell Autorin zu nennen. Ich spreche nicht mehr von »Leute, die meine Bücher gelesen haben«, sondern von Fans, wenn sie an der Buchmesse meinetwegen anstehen oder keine Mühen scheuen, um mir eine Freude zu machen oder mein Buch in den sozialen Medien unablässig bewerben. Ich hielt mich für halbwegs angekommen in der Buchwelt.

    Ich habe immer behauptet, eine Rampensau zu sein. Jeder, der mich jemals auf der Bühne erlebt hat, wird das bestätigen. Aber ich musste feststellen, dass es da Menschen gibt, die ganz anders auf die Pauke hauen können als ich. Nämlich auf die Werbetrommel. Die mit einem Selbstbewusstseinsmegaphon in die Buchwelt geboren werden, das so richtig die Wände zum Wackeln bringt. Die bemerkt jeder. Die vergisst man nicht so leicht. Die ignoriert man nicht.

    Ich nenne sie die »HERE I AM AND I AM THE SHIT!!!«-Autoren.

    Ja, es mag deren erster Roman sein und ja sie haben ihn noch nicht beendet, aber sie WISSEN einfach, dass die Welt nur auf sie gewartet hat. Bitte nicht falsch verstehen, ich bewundere tatsächlich Menschen, die mit so einem Selbstbewusstsein in eine neue Situation hopsen. Da stehe ich auch nicht allein da mit meiner Bewunderung. Denn die Haltung funktioniert. Ich kenne Autoren, die hatten mehr Follower als ich nach 4 Jahren auf ihrer FB-Autorenseite BEVOR jemand ein erstes Wort von ihnen gelesen hat (weil der Erstling noch unvollendet war). Ich kenne Autoren, die können ihr eigenes Buch so oft auf Instagram posten, dass der Feed monatenlang in einer einzigen Farbe (der des Covers) gehalten ist. Und da muss ich neidlos anerkennen: es funktioniert!

    Ich habe ehrlicherweise ein gespaltenes Verhältnis zu dieser Art von Selbstbewerbung. Einmal finde ich es gut, wenn jemand selbstbewusst ist. Ich unterstütze Autoren, die die Sache mit dem Marketing selbst in die Hand nehmen, weil – um ehrlich zu sein – sonst tut es ja kaum einer und dann würden wir auf unseren Büchern einfach sitzen bleiben. Ich finde es nur richtig, hinter dem eigenen Werk zu stehen, für das man monate- vielleicht jahrelang geackert hat. Hartnäckigkeit schätze ich.

    Aber (!) ich selbst bin vollkommen unfähig, mich selbst dermaßen zu feiern. Ich kann es einfach nicht. Ich schäme mich, wenn ich mein eigenes Buch mehrmals die Woche bewerbe. Ich stöhne innerlich, wenn ein Autor sein eigenes Buch empfiehlt (Vielleicht gefällt dir ja meins!). Es IST einfach so viel schöner und wertvoller, wenn jemand anderes das für einen tut – deshalb schweige ich und hoffe dumm drauf, dass jemand anderes mein Buch empfiehlt – meistens vergeblich. Ich gehöre zu den Autoren, die sich selbst noch nie für einen Preis nominiert haben – ich glaube manchmal, ich bin die Einzige. Vielleicht täusche ich mich da. Fakt ist, dass ich auch noch nie einen Preis gewonnen hab, hat mich also nicht weitergebracht, bescheiden zu sein.

    Tatsächlich funktioniert bei MIR persönlich die Überbewerbung NICHT. Wenn ich ein Buch ständig sehe, kaufe ich es eher nicht, als beim zwanzigsten Mal dann doch. Da bin ich aber ganz offenbar ein Einzelfall. Selbst die Umfrage unter meinen Followern hat ergeben, dass jeder Eigenwerbung total okay findet. 

    »Vielleicht bist du neidisch, weil du auch gern so selbstbewusst und erfolgreich wärst«, war die Überlegung eines Autorenkollegen, mit dem ich mich darüber unterhalten habe.

    Das könnte sein. Aber ich glaube, dass ich mich, selbst wenn ich mich dazu zwingen würde, nicht damit wohlfühlen könnte. Es widerspricht einfach meinen Prinzipien und auch meinem Selbstbild. Ich KANN nicht ernsthaft behaupten, der geilste Scheiß zu sein, weil ich das nicht so empfinde. Ich denke, ich schreibe sehr gut und habe unglaublich viel Arbeit in meine Bücher gesteckt, um sie so sauber wie möglich zu machen. Ich denke, ich habe Talent. Aber ich denke auch, dass es da draußen so viele gibt, die besser sind als ich und dass ich mich mit jedem weiteren Buch noch steigern kann (und will).

    Und dennoch möchte ich für die Autoren, die ihre Bücher so fleißig anpreisen, eine Lanze brechen.

    Wie eine Kollegin so treffend bemerkte: Bei der Reichweite kann man sich ja freuen, wenn es wirklich 30% der Leute sehen, da muss man es schon oft genug posten, um überhaupt jemanden zu erreichen. Das ist WAHR!

    Autoren heutzutage müssen Tausendsassa sein, die die verschiedensten Dinge beherrschen: Fotografie, Bildbearbeitung, Goodieherstellung, kreatives Basteln … und schreiben sollten sie auch noch können. Ich selbst halte mich für relativ vielschichtig talentiert (hier kommt wieder der Tiefstapler raus. Ich BIN vielschichtig talentiert). Ich bewerbe mein Buch gern abwechslungsreich, schon allein, weil ich mich schnell selbst langweile. Mehrmals einfach das Cover aus verschiedenen Perspektiven … *mööööp* Ich schreibe Songs zu meinen Büchern und nehme sie auf, ich zeichne und häkle Drachen und kreiere Quizfragen und verschenke Illukarten und modeliere Fimosteine und stelle Zitattemplates und schlagmichtot, bloß damit meine Werbung nicht eintönig wird.

    Trotzdem interessiert das weniger Menschen, als wenn ich einfach stur jeden Tag das Buch in die Kamera gehalten hätte. Der Aufwand meiner Art von Werbung ist einfach zu groß! Ein Moodboard oder ein Zitatetemplate zusammenzustellen geht definitiv schneller als eine 5-10 stündige aufwändige Illustration oder einen Song zu schreiben und aufzunehmen (das kann ich beurteilen, da ich das alles schon ausprobiert habe) und die Leute mögen es mindestens genauso sehr.

    Ich weiß, mein Beitrag ist wieder sehr viel: laut gedacht. Aber ich habe keine einfache Meinung dazu, ich wundere mich nur, warum ich immer so anders ticke als viele andere und warum ich es nicht einfach lassen kann (das Anderssein).

    Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, falls ich mit der Schreiberei weitermache, mir hier und da ein Scheibchen Selbstbewusstsein abzuschneiden und etwas lauter »HIER!« zu brüllen. Wäre ja mal ein Versuch wert.

    Was ist eure Meinung zum Thema? Gibt es Autoren, deren Werbung euch besonders postiv aufgefallen ist?

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